Die Stimme des Herrn
Marktforschung hat das Ohr am Kunden
von Dirk Engel
Artikel aus der Fachzeitschrift „Der Mittelstand“
Bei Marktforschung winken viele ab: Zu teuer, zu aufwendig, zu verkopft. Doch Marktforschung ist keine teure Industrie oder eine Wissenschaft, sondern in erster Linie eine Geisteshaltung – es geht darum, dem Kunden zuzuhören.
Wer kennt das nicht: Eine Entscheidung ist im Unternehmen hart umkämpft – wird von Meeting zu Meeting geschoben. Da wünscht man sich eine höhere Instanz, die ein weises Urteil fällt – doch wer ist der weise König Salomon in Unternehmen? Der Marketing-Leiter? Der CEO? Es gibt eine Instanz, die immer das letzte Wort haben sollte: Der Kunde. Es ist die Aufgabe der Marktforschung, der Stimme des Kunden Gehör zu verschaffen.
Zu langwierig, zu kompliziert – wirklich?
Marktforschung? Mittelständler zucken zusammen und glauben zu wissen, warum: Kompliziert, langwierig und teuer, nur für ganz Große. Marktforscher verkopft, wollen viel Geld, um doch nur Probleme zu finden. Die Folge dieser Erkenntnisse: Viele Entscheider vertrauen ihrem Bauchgefühl.
Nicht jede Entscheidung muss sich auf große Stichproben stützen.
Ihr Bauch gehört Ihnen!
Nichts gegen Bauchgefühl: Viele intuitive Urteile sind richtig, aber nicht alle. Besonders wenn Entscheider ihrem eigenen Bauch vertrauen und vergessen, dass ihre Kunden vielleicht ganz andere Bäuche – oder besser: Bedürfnisse und Erwartungen haben.
Erkenntnisse für jede Budgetgröße
Marktforschung kann teuer sein – Konzerne geben Millionen für Studien und Daten aus. Doch es geht auch anders. Wer mit einem marktforscherischen Blick durch die Welt geht, seinen Kunden zuhört, ihnen die richtigen Fragen stellt, Informationen systematisch sammelt und einfach gut beobachtet, bekommt viele Erkenntnisse über seine Kundschaft. Merke: Nicht jede Entscheidung muss sich auf große Stichproben stützen. Mitunter reicht eine Gruppendiskussionen und einige qualitative Interviews. Auch quantitative Daten lassen sich einfach erheben – etwa durch Online-Umfragen unter den Kunden oder die Teilnahme an Mehrthemenbefragungen, so genannte Omnibus-Fragen, die für überschaubare Kosten in große Befragungen integriert werden.
Die Warum-Frage
„Ich rede doch viel mit meinen Kunden, was kann ein Marktforscher da noch mehr herausfinden?“ Aber stellen sie auch die richtigen Fragen? Eine hilfreiche Technik ist das Laddering (engl. Leiter): Jeder Aussage wird eine Warum-Frage nachgeschoben: Schritt für Schritt kommt man dadurch den Motiven des Befragten näher, lernt seine Werte und Wünsche kennen. Wer sich darauf einlässt und etwas übt, bekommt viele neue Einsichten in die Seele seiner Kunden. Wer Anschauungsunterricht braucht, sollte mal mit kleinen Kindern spazieren gehen.
Marktforschung muss also nicht teuer und kompliziert sein. Dennoch muss investiert werden: Vor allem Gehirnschmalz – Nachdenken ist immer noch die wichtigste Methode. Versetzen Sie sich in ihre Kunden hinein und geben sie ihnen das letzte Wort bei allen Marketing-Entscheidungen.
Aus: „Der Mittelstand“ Ausgabe 02/2013, S. 50
Mehr zu „Der Mittelstand“ finden Sie hier.